„Wie Travel-Influencer:innen Destinationsmarketing unterstützen und Besucher:innen lenken können am Beispiel von Südtirol“, so der Titel der Masterarbeit von Alexa Satto Mair aus Schlanders. Um dieses Thema zu vertiefen und einige Forschungsfragen zu beantworten, befragte sie im Rahmen einer quantitativen Forschung im vergangenen Jahr mittels Onlineumfrage mit 42 Fragen über 1.000 Personen aus Italien, Deutschland, Österreich und der Schweiz. Welche konkreten Handlungsempfehlung dabei vor allem für Südtirol in Zukunft relevant sind verrät sie uns in diesem Blogbeitrag.
An dieser Stelle vielen Dank an dich liebe Alexa, für deine spontane Zusage, die Einblicke in deine Forschungstätigkeit und deine wertvolle Zeit.
Liebe Alexa, Influencer:innen haben in den vergangenen Jahren stark an Bedeutung gewonnen und sind heutzutage im Marketing vieler Unternehmen nicht mehr wegzudenken. Auch die Destination Südtirol kooperiert mit Influencer:innen. Welche Ausgangssituation hast du diesbezüglich zu Beginn deiner Diplomarbeit in Südtirol vorgefunden?
In den letzten Jahren hat Südtirol, wie viele andere Destinationen, verstärkt mit Influencer:innen kooperiert. Das Unternehmen IDM Südtirol hat sich diesbezüglich zum Ziel gesetzt, die Bekanntheit der Urlaubsdestination Südtirol in einer Zielgruppe mit Affinität zu Influencer:innen zu steigern, sich einer jüngeren Zielgruppe anzunähern und gleichzeitig für eine positive Markenwahrnehmung zu sorgen. Und durch Mikroinfluencer:innen auch einen spitzen, aber Südtirol-affineren Adressat:innenkreis anzusprechen. Da aber in einigen Orten in Südtirol die Tourismuslast enorm ist und kein Puffer für mehr Reisende besteht, gilt im ganzen Land zeitnaher Handlungsbedarf. Die Tourismusgesinnung unter den Einheimischen ist zum Teil negativ, viele scheuen vor Personen zurück, welche nur wegen instagrammable Fotos kommen. Über Hotspotmanagement versucht man Besucher:innen aktiv zu lenken. Südtirol setzt hier auf die folgende Strategie: den Menschen sollen unbekannte Orte, schöne Natur, weg vom Massentourismus gezeigt werden. Es geht darum die Hotspots im Land zu schützen und diese nicht über Plattformen wie Instagram zu pushen, um sie schlussendlich zu zerstören, wie es weltweit öfter vorgekommen ist.
" Der Trend geht hin zu Sinnfluencer:innen, denen Werte wie Nachhaltigkeit - passend zur Vision Südtirols - und Regionalität am Herzen liegen."
Südtirol sucht sich Influencer:innen gezielt nach diesen Themenschwerpunkten aus. Zudem ist Südtirol mehr als nur die einzelnen Urlaubsorte, es geht auch darum die regionalen Qualitätsprodukte zu zeigen und somit Südtirol als sogenannte „Regionenmarke“ in den Köpfen der Zielgruppe zu verankern. Hierbei arbeitet Südtirol mit Influencer:innen aus ganz Europa zusammen, welche jeweils ihre Follower:innenschaft in den Zielmärkten Südtirols haben. Andererseits setzt Südtirol auch auf heimische Meinungsmacher:innen, die bei den Einheimischen angesehen sind und sich ebenso nachhaltigen Werten verschrieben haben.
3 konkrete Handlungsempfehlungen für Südtirol, die man aus deiner Forschung für die zukünftige Arbeit mit Influencer:innen ableiten kann?
Die folgenden konkreten Handlungsempfehlungen können vor allem für die Destination Südtirol sehr interessant sein: der Fokus auf neue Zielgruppen, die Unterstreichung von Nachhaltigkeitsthemen und die Echtheit beim Content.
Die erste Handlungsempfehlung ist der Fokus auf neue Zielgruppen. Im Hinblick auf die Customer Journey einer Reise, kommen Menschen an verschiedenen Touchpoints in Kontakt mit Influencer:innen. Sei es zu Beginn bei der Inspiration, während der Planung, als auch zum Schluss beim nachträglichen Teilen von Inhalten. Durch die Umfrage wurde festgestellt, dass es hier sehr wohl Unterschiede beim Alter gibt. Während Babyboomer (Jahrgänge 1955–1964), die Glaubwürdigkeit von Influencer:innen sehr niedrig einstufen (17,42 %), schenken Millenials (Jahrgänge 1981-1996) ihnen doppelt so viel Glaubwürdigkeit (35,93 %). Dies kann damit zu tun haben, dass sie mit diesen Marketinginstrumenten aufgewachsen sind und es immer Teil ihres Lebens war. Da diese Altersgruppe heute noch nicht sehr präsent ist in Südtirols Kommunikation, muss es zukünftig Ziel sein, sie anzusprechen. Dies kann weiterhin über Instagram oder in Zukunft auch über andere Plattformen wie z.B. TikTok erfolgen. TikTok wird von vielen Artikeln und Studien als „Der Rising Star“ angekündigt. Die Social-Media-Landscape entwickelt sich rasant weiter, deshalb müssen Unternehmen evaluieren, welche Kanäle für sie Sinn machen und vor allem, wo sich gerade die Zielgruppe befindet. Nicht zu unterschätzen sind die Babyboomer, welche in einigen Fragen auch ihre Affinität gegenüber Influencer:innen angegeben haben und sicherlich über ein höheres Einkommen für einen Urlaub in Südtirol verfügen.
Eine weitere Chance für Südtirol in Bezug auf das Influencer:innenmarketing ist das Thema Nachhaltigkeit und die Möglichkeit dieses Thema konkret in Szene zu setzen und zu favorisieren. Bei der Zusammenarbeit mit Influencer:innen darf der Aspekt der Nachhaltigkeit nicht außen vorgelassen werden. Hier kann Südtirol sich gezielt Influencer:innen aussuchen, welche aus der Nähe kommen und dadurch eine kürzere Anreise haben. Des Weiteren auf Flugzeuge verzichten und E-Mobilität fordern. Auch bei der Wahl der Hotels und Erlebnisse vor Ort, also beim Zusammenstellen des Reise-Programms kann bereits darauf geachtet werden, dass es sich um nachhaltige Partner:innen handelt. Die teils enormen Reichweiten der Influencer:innen sollten auch für die Kommunikation von sensiblen Themen genutzt werden, beispielsweise aufzuzeigen, wie man beim Berge besteigen, seinen Müll wieder nach Hause nimmt oder wie man mit dem Fahrrad bequem die Stadt erkunden kann und dann am Wochenmarkt das regionale Gemüse einkauft.
" Oftmals zeigen Influencer:innen auf ihren Kanälen nur die schönen Seiten des Lebens und einer Destination, hier soll der Fokus mehr auf dem „echten“ Südtirol liegen."
Eine weitere wichtige Handlungsempfehlung ist die Echtheit des Contents. Es wurde über die Umfrage abgefragt, welche Posts die Proband:innen favorisieren. Hier hat sich herausgestellt, dass außer bei einem Beispiel das Destinationsfoto immer dem Foto der Influencer:innen präferiert wurde. Dies kann darauf zurückzuführen sein, dass Fotos von Influencer:innen teils gestellt wirken. Aus diesem Grund sollte Südtirol versuchen, auf Echtheit beim Content zu setzen. Fotos sollen so gepostet werden, wie sie der:die zukünftige Tourist:in auch vorfindet. Oftmals reicht auch schon ein aktuelles Abbild der Realität, ohne Filter und Nachbearbeitung. Die Kommunikation der Influencer:innen sollte mit jener des Unternehmens adäquat sein, sodass der potentielle Gast den nahezu identen Inhalt auf beiden Seiten wiederfindet und vor allem dann vor Ort so vorfindet.
Wie lautet das Fazit für Südtirol zum Thema Travel-Influencer:innen im Destinationsmarketing ?
Zusammenfassend stellt sich heraus, dass Südtirol weiterhin auf die Zusammenarbeit mit (nachhaltigen) Influencer:innen bauen und hierbei langfristige Kooperationen eingehen soll. Diese Art der Werbung kann der Marke Südtirol helfen bekannter zu werden und das positive Image zu stärken. Starke Marken sind Garanten für Qualität und hier liegt trotz der bereits hohen Bekanntheit Südtirols noch Potential. Influencer:innen können dabei helfen das Produkt, in diesem Fall die Reise, attraktiv zu bewerben und in Form von emotionalen Storytelling mehr Buchungen zu generieren. Es geht hierbei allerdings nicht um Masse, sondern um Qualität und eine nachhaltige Wertschöpfung für das Land. IDM Südtirol hat hier nun einen wichtigen Schritt gesetzt und eine eigene Influencer-Unit in der Presseabteilung angesiedelt.
ZUR PERSON:
Alexa Satto Mair aus Schlanders hat an der Uni Innsbruck Wirtschaftswissenschaften studiert und arbeitet nach verschiedenen Praktika im Tourismus, seit 2018 bei IDM Südtirol als Social Media Managerin. 2022 hat sie berufsbegleitend den Master "Digital Marketing" an der FH Kufstein mit Auszeichnung absolviert und ihre Masterarbeit "Wie Travel-Influencer:innen Destinationsmarketing unterstützen und Besucher:innen lenken können am Beispiel von Südtirol" wurde vom Wifo der Handelskammer Bozen prämiert.
Photos by
Nick Fewings on Unsplash
Thorben Jurecyko, fotoschmiede - kreativ.studio
IDM Südtirol
Comments