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  • Heidi Blaas

Onboarding – von Anfang an richtig mit dabei

Praxistipps zum erfolgreichen Einstieg von neuen Mitarbeiterinnen



Knapp 20 Unternehmerinnen, Arbeitnehmerinnen und interessierte Frauen aus der Tourismusbranche sind unserer Einladung zum Thementisch „Fachkräftemangel in der Hotellerie und Gastronomie“ Mitte März 2022 im Bistro Rössl Bianco unter den Meraner Lauben gefolgt. Das ausgewählte Thema ist sehr weitläufig, die Diskussion und der Erfahrungsaustausch waren entsprechend vielfältig. Einig sind sie sich, dass das Thema Mitarbeiterinnen nicht nur beruflich interessant ist, sondern sie auch persönlich im Zwischenmenschlichen bewegt und im Arbeitsalltag immer wieder auch als Herausforderung wahrgenommen wird. Dies daher, dass es sich nicht nur um Zahlen, Daten und Fakten handelt, sondern um Menschen, Mitarbeiterinnen und Kolleginnen, die persönliche Bedürfnisse haben und als Individuum wahrgenommen werden möchten.


Ein Prozess, der bis dato in die Tourismusbranche nur geringen Einzug gehalten hat, ist das Thema Onboarding von Mitarbeiterinnen. Da dies am Thementisch sehr praktisch und umfassend diskutiert wurde, möchten wir diesen Blogbeitrag nutzen um euch mit der Gastautorin Heidi Blaas einen Einblick zu geben und euch für die Umsetzung der Maßnahmen zu inspirieren.


Onboarding Definition und Herleitung

Onboarding bedeutet das „An-Bord-Nehmen“ neuer Mitarbeiterinnen. Damit ist die systematische Einarbeitungsphase gemeint, die sich auf drei Ebenen abspielt: Organisation, Menschen und Technologie. Ziel ist es, dass sich die rekrutierten und qualifizierten neuen Mitarbeiterinnen im Unternehmen wertgeschätzt und ab dem ersten Tag willkommen fühlen. In der heutigen Zeit, in der Fachkräftemangel in allen Branchen spürbar und der Kampf um jede einzelne Mitarbeiterin (war for talents) ausgebrochen ist, ist es für Arbeitgeberin unabdingbar alle möglichen Maßnahmen zu ergreifen, um neue Mitarbeiterinnen langfristig an das Unternehmen zu binden, was sich u.a. auch positiv auf die Arbeitgebermarke (employer brand) auswirkt. Denn es wird aktuell immer noch oft unterschätzt, wie stark der erste Eindruck des Unternehmens auf die neue Mitarbeiterin wirkt. Von einem gelungenen Start hängt es ab, wie engagiert sie sich in den ersten Wochen und Monaten einarbeiten und sich ins Team integrieren wird. Durch den erfolgreichen Onboarding Prozess werden neue Kolleginnen mehr Eigeninitiative zeigen, motivierter und produktiver sein und somit zur Erhöhung des Unternehmenserfolgs beitragen. Nachstehend werden praxisnahe Vorschläge eines durchdachten Onboarding Prozesses in drei Phasen aufgezeigt.


Phasen des Onboarding

Onboarding beschreibt den Eingliederungsprozess von neuen Mitarbeiterinnen in die Unternehmensabläufe (Struktur und Prozesse) sowie Unternehmenskultur. In der Regel beginnt der Onboarding Prozess mit der Vertragsunterzeichnung und endet nach Ablauf der Probezeit. Je nach Unternehmen kann sich der Prozess auf bis zu zwölf Monate erstrecken. Neben der Geschäftsführung sind für den Onboarding Prozess vor allem die Vorgesetzte der neuen Mitarbeiterin, Kolleginnen sowie die HR-Abteilung zuständig. Der Prozess umfasst in der Theorie drei Phasen: das Preboarding (Vorbereitung), die Orientierung (Eintritt) und die Integration – schlussendlich auch das Offboarding.



1. Preboarding Phase

Die Vorbereitungsphase umfasst die Zeitspanne ab Arbeitsvertragsunterzeichnung bis zum ersten Arbeitstag, mit dem Ziel alle Erwartungen auf Arbeitgeberinnen- und Arbeitnehmerinnenseite zu klären. In diesem Abschnitt werden auf Arbeitgeberinnenseite alle Vorbereitungen für den Arbeitseintritt getroffen. Dazu zählen u.a.:

  • Vertragsvorbereitung (umfasst auch die Unterbringung bspw. im Teamhouse oder Wohnungen bei Mitarbeiterinnen aus dem Ausland) sowie die -unterzeichnung

  • Vorbereitung von Informationsmaterial über das Unternehmen (Willkommensmappe)

  • Einrichtung des Arbeitsplatzes (IT-Berechtigungen und E-Mail Account freischalten, Telefon und gegebenenfalls Diensthandy organisieren, Schlüssel oder Schlüsselkarte besorgen usw.)

  • Erstellen des Einarbeitungsplans (Gestaltung der ersten Arbeitstage, interne Zuständigkeiten festlegen)

  • Ankündigung der neuen Mitarbeiterin über interne Kommunikationskanäle (Intranet, Whatsapp-Gruppe, Teams Kanal)

  • Einladung der neuen Kollegin zu bevorstehenden Unternehmens- oder Teamevents

  • Auswahl einer Patin im Falle eines Patensystems

In dieser Phase geht es jedoch nicht nur um technische Vorkehrungen, sondern auch um die ersten Schritte zu einer emotionalen Bindung der neuen Mitarbeiterin an das Unternehmen. Eine Absage von Seiten der Bewerberin nach dem Vorstellungsgespräch und vor Beginn eines neuen Arbeitsverhältnisses ist keine Seltenheit. Eine Umfrage belegt, dass bei 30 % der befragten Unternehmen neue Mitarbeiterinnen schon vor dem ersten Arbeitstag abgesprungen sind (Haufe, 2019). Mit einem professionellen Preboarding erhöht man die Mitarbeiterinnenbindung und reduziert gleichzeitig die Mitarbeiterinnenfluktuation im Unternehmen. Es geht darum, das gesamte Unternehmen vorzubereiten und sich als professionelle Arbeitgeberin zu positionieren.


2. Orientierungsphase

Das Ziel dieser Phase ist es, die Mitarbeiterin in ihre Rolle und Aufgaben einzuführen; sie soll das Unternehmen, Menschen, Tätigkeiten, Organisation und Abläufe kennen und verstehen lernen. Dieser Abschnitt erstreckt sich vom ersten Arbeitstag bis circa zum dritten Monat. Folgende einige Vorschläge für das Kick Off, den ersten Arbeitstag:


Marvin Radke on Unsplashrrapra

  • Vermittlung der Unternehmensvision und -mission, -werte, -philosophie und -wert

  • Begrüßung und Einführung durch die Vorgesetzte, HR, Patin, Kolleginnen

  • Patin zuweisen und mit Kolleginnen bekannt machen

  • Einstiegsgespräch mit Vorgesetzter

  • Arbeitsplatz kennenlernen (Einführung in das Unternehmen, PC, Passwörter, usw.)

  • Arbeitsabläufe und Tätigkeiten erklären

  • Mappe mit Leitfäden, Stellenbeschreibung usw. übergeben


Zudem erhält die Mitarbeiterin erste Informationen zu internen Regelungen und Unternehmensleitlinien sowie zu den nächsten Schritten des Onboarding Prozesses.


Erfolgreiche Maßnahmen für die bessere Orientierung während der ersten Arbeitswoche sind:

  • Überblick über die einzelnen Abteilungen, Bereiche, Produkte geben; ebenso über deren strategischen Ziele

  • Kolleginnen stellen sich und ihren Aufgabenbereich in einem Termin von rund 30 Minuten vor

  • Einführung in die verschiedenen IT-Anwendungen (Intranet, Buchhaltungsprogramm, Datenbanken usw.) geben

  • Regelmäßige Feedback-Gespräche mit der Vorgesetzten führen z.B. über gegenseitige Erwartungen


3. Integrationsphase

Ein hohes Leistungs- und Bindungsniveau der Mitarbeiterin sollen in dieser Phase erreicht werden. Ziel ist es, sie erfolgreich auf allen Ebenen zu integrieren. Dazu eignen sich folgende Maßnahmen:

  • Einführung in Unternehmensstrategie und Unternehmensziele

  • Vermittlung der Unternehmenskultur und Wertestruktur (Bindung)

  • Organisation einer Einführungsveranstaltung (z.B. Welcome Day - Begeisterung für das Unternehmen wecken)

  • Abhalten eines Teamevents (Teamintegration, soziales Netzwerk)

  • Wissensvermittlung, Eigeninitiative und Verantwortungsbewusstsein steigern

  • Mitarbeit in Mitarbeitersitzungen, Arbeitsgruppen und Projekten

  • Fortbildungsangebote (intern und extern) vorschlagen

  • Feedbackgespräch mit der Führungskraft durchführen (Halbjahres- und Jahresgespräch)

Integration der neuen Mitarbeiterin ist ausschlaggebend, um die Fluktuationsrate so niedrig wie möglich zu halten. Neben einem klar strukturierten Onboarding Prozess, trägt vor allem die Unternehmenskultur dazu bei, welche Mitarbeiterinnen sich auf offene Stellen bewerben und gewillt sind, längerfristig eine Bindung mit dem Unternehmen einzugehen.


Culture eats strategy for breakfast. Peter Drucker

Im gesamten Onboarding Prozess ist die Unternehmenskultur ein ausschlaggebendes Kriterium für die Bindung einer neuen Mitarbeiterin an das neue Unternehmen. Stimmen die eigene Persönlichkeit und Wertehaltung mit den Wertvorstellungen des Unternehmens überein, ist in der Regel die neue Mitarbeiterin motivierter, produktiver und fällt seltener krankheitsbedingt aus. Aus diesem Grund ist es zielführend, von Anfang an Maßnahmen im Onboarding Prozess einzuplanen, mit denen die Unternehmenskultur vermittelt wird (Haufe, 2019). Nachstehend werden drei Vorschläge gelistet, die dazu beitragen, die Unternehmenskultur vor und während des Onboarding Prozesses zu vermitteln.


1. PATIN ALS BEGLEITERIN

Die neue Mitarbeiterin wird ab dem ersten Arbeitstag von einer Patin aus derselben oder einer anderen Abteilung/Bereich begleitet, die ihr für alle Fragen zur Seite steht, wie z.B. Umgangsformen, ungeschriebene Regeln und Gepflogenheiten. Die Patin sollte im gesamten Unternehmen gut vernetzt und aufgeschlossen gegenüber sozialen Belangen sein.


2. WELCOME-DAY

Finden innerhalb eines bestimmten Zeitraumes (z.B. Monat) mehrere Neueinstellungen statt, ist es sinnvoll diese Mitarbeiterinnen bei einem gemeinsamen Welcome Day willkommen zu heißen sowie mit den Unternehmensgrundsätzen, der Kultur, der Unternehmensausrichtung und allgemeinen Gegebenheiten vertraut zu machen.


3. TEAMEVENT SCHAFFT VERBUNDENHEIT

Nicht zuletzt stärkt ein gemeinsames Teamevent in der Onboarding Phase das Zusammengehörigkeitsgefühl und bietet dem gesamten Team die Möglichkeit, sich außerhalb der Arbeitszeit besser kennenzulernen. Ganz bewusst sollte ein Event außerhalb des Unternehmensalltags gewählt werden, verbunden mit einer Aktivität, an der alle Teammitglieder teilnehmen und sich fernab von Rollen und Aufgaben auf eine neue Art und Weise kennenlernen können.


Diese angeführten Maßnahmen tragen dazu bei, dass sich Mitarbeiterinnen emotional vom ersten Tag an das Unternehmen binden, bessere Leistungen erbringen und motiviert sind. Um den Erfolg der jeweiligen Maßnahme zu prüfen ist die Erhebung von speziellen Kennzahlen (z.B. Frühfluktuationsrate, Cultural fit, Vier-Augen-Gespräche, Feedbackgespräche usw.) unabdingbar. Erst dann kann intern Erfolg oder Misserfolg bemessen werden und Schlüsse für den zukünftigen Handlungsbedarf des Onboarding Prozesses gezogen werden.



Gastautorin Heidi Blaas

Ich bin berufstätig, Mutter von zwei tollen Kindern und meine Leidenschaft gehört den Menschen. „Der Mensch steht im Mittelpunkt“ dieses Zitat von Honecker hat bis heute kaum etwas an seiner Wirksamkeit eingebüßt. Daher bereichert mich die Arbeit mit Menschen bereits seit Jahren.


Als Personal-Generalistin habe ich mich entschlossen mein praktisches erlerntes Wissen mit theoretischem Wissen zu ergänzen und auf ein solides Fundament zu stellen. Am MCI in Innsbruck absolvierte ich 2021 den berufsbegleitenden Lehrgang Personalmanagement -

Human Resource Development in lernfähigen Organisationen. Seither versuche ich tagtäglich durch „kleine“ Maßnahmen Menschen zu fördern, zu begleiten und weiter zu entwickeln.


Photos by

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