Spurensuche in Meran
- Karin Tscholl
- 16. Apr.
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 28. Apr.
Stadtrundgang mit Claudia Winkler über Frauen in Geschichte und Gesellschaft

Am 28. März fand in Meran ein besonderer Stadtrundgang statt – organisiert in Zusammenarbeit mit Museia, dem Frauenmuseum Meran und der Urania Meran. Rund 15 Teilnehmerinnen folgten Claudia Winkler auf eine historische Reise durch die Stadt – mit dem Fokus auf Frauen, die in Politik, Kultur, Religion und Tourismus zwischen dem Mittelalter und dem 19. Jahrhundert Spuren hinterlassen haben. Wir von tourisma south tyrol waren auch dabei.
An sechs ausgewählten Orten machte die Gruppe Halt. Dort erzählte Winkler prägnant und kenntnisreich über Frauen, deren Einfluss auf Meran weit über ihre Zeit hinausreicht. Ausgagnspunkt war das Klarissenkloster in der Meinhardstraße: das Klosterleben ermöglichte vielen Frauen über Jahrhunderte eine spirituelle, aber auch bildungsnahe und gesellschaftlich geschützte Rolle. Das Leben im Kloster war nicht nur Rückzug, sondern auch Ausdruck von Einfluss und Bildung – oft in einer Zeit, in der Frauen sonst wenig öffentliche Stimme hatten.
Vor der Landesfürstlichen Burg erläuterte Claudia Winkler einen bedeutenden historischen Akt, der zeigt, wie früh Frauen als Akteurinnen in Erscheinung traten: eine Schenkung aus dem Jahr 857, bei der Frau Waldrada ihre Besitzungen in loco qui dicitur Mairania (heute Meran) dem Bistum Chur übergab – belegt in den Churer Regesten.
Ein weiterer Halt war das Laubenhaus Nr. 66–68, dem ersten Sitz des Frauenmuseums Meran von 1988 bis 2010. Evelyn Ortner, die engagierte Gründerin des Frauenmuseums, setzte sich zeitlebens für die Sichtbarkeit weiblicher Geschichte ein. Mit der Eröffnung 1988 schuf sie einen Raum, der Frauen eine Stimme gibt – damals wie heute.
Ein besonders eindrücklicher Stopp war das Steinachviertel, einst Standort des städtischen Bordells. Hier wurde über das Spannungsfeld zwischen Kontrolle, Duldung und Ausgrenzung von Frauen in der Prostitution gesprochen – ein oft verdrängtes, aber wichtiges Kapitel der Stadtgeschichte.
Die fünfte Station war die Wandelhalle und führte in die Kurzeit Merans im 19. Jahrhundert, konkret zu den Aufenthalten von Kaiserin Sisi, die das Frauenbild und den Tourismus in Meran jener Zeit mitprägte. Der Rundgang endete schließlich bei den Englischen Fräulein, einem katholischen Frauenorden, der sich besonders im Bildungswesen für Mädchen engagierte. Sie prägten das Meraner Stadtbild und das Selbstverständnis von Frauenbildung entscheidend mit – ein Erbe, das bis heute nachwirkt.
Der Stadtrundgang war nicht nur informativ, sondern auch lebendig, mit einem klaren roten Faden und viel Raum für Austausch. Am 16. Mai 2025 wird die Reihe mit weiteren Stationen fortgesetzt.
Zum Abschluss lud ein Aperitif im Gigi's zum lockeren Netzwerken und Reflektieren ein – ein gelungener Ausklang für einen Freitagnachmittag Ende März voller Perspektiven auf Merans Frauengeschichte.
Photos (c) tourisma south tyrol / Karin Tscholl & Elisabeth Rass
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