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  • Karin Tscholl

Looking forward to tourism

tourismas zeichnen einen Weg für die Zukunft bei erstem Netzwerktreffen in Lana


Das erste Netzwerktreffen von tourisma south tyrol fand an einem warmen Donnerstagnachmittag Ende September in der Gärtnerei Galanthus in Lana statt. Über 20 Teilnehmerinnen aus unterschiedlichen Sparten der Branche folgten der Einladung, sich über das Thema Nachhaltigkeit auszutauschen und sich anschließend mit anderen Akteurinnen der Tourismusbranche in geselliger Runde im Restaurant Miil in Tscherms zu vernetzen.


Für den ersten Abschnitt des Treffens war die Erarbeitung eines good case Szenarios in Kleingruppen vorgesehen. Die zentrale Frage dabei lautete: „Wie stellst du dir einen nachhaltigen Unterkunftsbetrieb im Jahr 2031 vor?“. Anschließend erarbeiteten die Teilnehmerinnen Maßnahmen, welche heute ergriffen werden müssen, um die erarbeite Vision zu erreichen.

Für diesen Arbeitsprozess haben wir uns entschieden, das Instrument der Re-Gnose anzuwenden. Dabei versteht man Zukunft nicht als etwas, das auf einen zukommt, „sondern, dass wir sie durch unsere inneren Einstellungen, Handlungen und Entscheidungen selbst formen.“ (www.zukunftsinstitut.de). Diese Visualisierungs-Tool lässt sich sowohl im privaten, als auch im beruflichen Umfeld einsetzen und ist für jede Beziehung, Familien- oder Betriebsgröße passend.



Good Case Szenario

Die Beschreibungen des good case Szenarios in den vier Gruppen sind homogen und lassen sich in folgende drei Cluster bündeln: #community #culture #greenmobility


Der erste Punkt beinhaltet die direkte und indirekte Gestaltung des Austausches – sei es zwischen dem Gast und dem Einheimischen sowie zwischen dem Vorgesetzten und dem Mitarbeiter gleichermaßen wie zwischen Gast und Gastgeber, zwischen Kulturen und Generationen. Es geht um eine Gemeinschaft, in der man sich auf Augenhöhe trifft, in der Lebendigkeit und Echtheit im Vordergrund stehen. Konkret heißt das, dass Treffpunkte für alle bewusst gestaltet werden, so beispielsweise eine Sitzmöglichkeit mit Wohnzimmercharakter, bei der sich Menschen in ihrer jeweiligen Rolle treffen und in freundlicher Atmosphäre in Beziehung treten können (siehe dazu auch den Blogbeitrag zu Resonanz Tourismus). Ein weiteres Beispiel dazu könnte eine App sein, in der Einheimische authentische Erlebnisse für Gäste anbieten: von der Heuarbeit am Bergbauernhof bis hin zum Fischkochen dalla mamma in città. Kernprinzip in dieser Gemeinschaft ist die sharing-Philosophie, sowohl in der Theorie, als auch in der Praxis (Bücher, die mit Kommentaren/Anregungen vom Vorleser versehen sind).


Die Arbeitskultur in der Tourismuswirtschaft, besonders in der Hotellerie und Restauration, leidet seit Jahren unter dem schlechten Image. Zurückzuführen ist dieser auf vielerlei Faktoren, zwei davon stehen besonders im Vordergrund: die Natur der Branche (Sonn- und Feiertagsarbeit) und die (nicht allzu rühmlichen) Arbeitsbedingungen in den letzten Jahrzehnten. Im Vergleich dazu haben Berufsbilder in der Sanität oder Mobilität ein besseres Ansehen, auch wenn diese ebenfalls rund um die Uhr und die gesamte Woche im Einsatz sind. Dieser Umstand spiegelt sich in den good case Beschreibungen wider: die Gruppen haben durchgängig ein Arbeitsszenario für 2031 erarbeitet, in dem eine zeitgemäße und mitarbeiter-orientierte Arbeitskultur vorherrscht.


Konkret wurden dazu Chancen bei der Gestaltung von Arbeitszeiten und -modellen, ebenso eine verbesserte Mitarbeiterführung und die Möglichkeit zu Fortbildungen genannt. Ergebnisse dieser Anpassungen sind die schrittweise Verbesserung des Images für touristische Berufe, loyale, kompetente und langjährige Mitarbeiter und ein ausgewogenes Nehmen und Geben zwischen Gastgeber und Mitarbeiter. Lesenswert dazu auch der Blogbeitrag „Suchen ab sofort...“.


Zweiter Schwerpunkt ist die Gastgeberkultur. Das good case Bild zeichnet Gastgeber und Gäste in einem wertschätzenden Austausch, keine Unterwürfigkeit sondern wahre Gastfreundschaft, bei der die Werte einer Freundschaft klar im Vordergrund der Beziehung stehen. Überschneidungen dazu finden sich mit dem Cluster #community.


Für die Beschreibung des nachhaltigen Unterkunftsbetriebs 2031 lautet der dritte Cluster: alternative und vor allem verbesserte Mobilität – sei es für die An- und Rückreise, als auch für die Tagesausflüge vor Ort. Dies umfasst Infrastruktur (Fahrradwege, Auffangparkplätze, Potenzierung von Zubringerdiensten, E-Ladestationen, Ausbau des öffentlichen Verkehrsangebots) gleichermaßen wie Sharing-Konzepte (E-Bikes, E-Autos) und vor allem eine Erweiterung von autofreien Zonen bzw. Fußgängerzonen. Es wird ein Bild beschrieben, in dem ein nahtlos überlaufendes, flächendeckendes Mobilitäts-Angebot geschaffen wird, das eine relevante Alternative zum Auto darstellt; mit Services vom digitalen Planungs- bis hin zum Belohnungssystem.


How To Ansätze

Um als nachhaltiger Unterkunftsbetrieb im Jahre 2031 wahrgenommen zu werden, lassen sich bereits heute zahlreiche Maßnahmen ergreifen, die einfach und schnell umgesetzt werden können. Dazu zählen „die neuen Standards“ wie bspw. keine Plastikflaschen in der Minibar, keine einzeln verpackte und importierte Produkte (beim Frühstück), Nachfüllspender für Haut- und Haarpflege, die Verwendung von wiederverwertbaren Verpackungen sowie die aktive Kommunikation von nachhaltigen Lösungen (Trinkwasser bewerben, Wasserkrug fürs Zimmer usw.).


Der Einsatz von einheimischen, saisonalen, frischen und nachhaltigen Zutaten ist durchgängig für den Gast erlebbar, die Schnittblumen kommen aus dem Garten und nicht aus Übersee und grüne Ecken im und um den Unterkunftsbetrieb tun der Seele gut. Konkret werden von den Gruppen auch Überlegungen zur Infrastruktur erarbeitet. Dazu zählen ein System zur Energie-Wiedergewinnung bei der Benützung von Fitness-Geräten oder Wasseraufbereitungsanlagen, die Duschwasser recyceln. Ansätze dafür sind ganzheitliche Softwareprogramme bzw. Tools zum Energiemanagement im Betrieb. Ein weitere Vorschlag ist ein Bonus-Systems für Gäste, die klimaneutral anreisen.


Die Arbeitskultur betreffend poppte die Idee einer Genossenschaft für Job-Sharing auf: Mitarbeiter werden über diese angestellt und erhalten damit langfristige Arbeitsverträge. Arbeitgeber finden über die Genossenschaft den entsprechenden Mitarbeiter für den benötigten Zeitraum, ebenso Ersatz bei Urlaub oder Krankheit oder Potenzierung in der Hochsaison.


Die Teilnehmerinnen am Netzwerktreffen definieren folgende Ansatzpunkte zur Gestaltung einer neuen Gastgeberkultur: die Wertehaltung und ein anderes Wirtschaften im Tourismus. Bei Ersterer rückt das Software- bzw. soft skills Angebot vor Hardware-Ausstattungsmerkmale im Unterkunftsbetrieb: es geht um Beziehung, Empathie, Authentizität, soziale Kompetenz und Eigenverantwortung sowie Öffnung gegenüber dem „Anderen“ – und das im 360° Blickwinkel (Gast/Gastgeber + Arbeitnehmer/Arbeitgeber). Die entsprechende Grundausbildung sollte dafür in das Lehrprogramm bei Hotelfachschulen integriert werden.


Zur veränderten Wertehaltung zählt auch die aktuelle Willkommenskultur zu überdenken: wir leben in einem gesegneten Fleckchen Erde und können es für uns – und für zukünftige Generationen – auch leisten, Spielregeln zu formulieren. Oder überspitzt: „Der Gast ist in unserem Königreich“, deshalb hat u.a. Qualität ihren Preis und Gästebetten stehen begrenzt zur Verfügung. Gleichzeitig bedeutet dies auch, das Angebot zeitgemäß im Sinne einer Liberalisierung zu gestalten: längere Frühstückszeiten, flexible Verpflegungsformen pro Urlaubstag oder die Schaffung einer echten, qualitativen Urlaubsvielfalt. Sei es durch neue Partnerschaften (Essen bei A, Schlafen bei B, Schwimmen bei C), sei es durch die Abschaffung der künstlichen, ressort-ähnlichen Urlaubserlebnisse (anstelle von ¾ Pension: Marende auf der Alm oder Kaffee und Kuchen in einer lokalen Konditorei).


Ein anderes Wirtschaften bedingt, den Tourismus ganzheitlich als Lebensbereich der Südtiroler Bevölkerung mitzudenken: dazu zählt die Zusammenarbeit mit lokalen Handwerkern und Lieferanten gleichermaßen wie das langfristige und generationsübergreifende Denken und Planen, ebenso wie die Stärkung von lokalen Kreisläufen.


Wir wünschen uns, dass die Ergebnisse des Netzwerktreffens nun auf mehreren Ebenen wirken: als Inspiration für die eigene Veränderung und als Reflexion im Unternehmen, als Anstoß für Diskussionen mit Branchenkollegen oder Trigger für neue Ideen. tourisma south tyrol wird einige Punkte aufgreifen und in den nächsten Monaten inhaltlich vertiefen – sei es durch Blogbeiträge, sei es bei nächsten Treffen. An dieser Stelle möchten wir uns auch nochmals bei den Teilnehmerinnen bedanken, die sich mit sehr viel Engagement, Wissen und Offenheit eingebracht haben. Es war ein absolut energiegeladener Nachmittag und unterhaltsamer Abend – looking forward to seeing you soon again.




 

Quellen


Photocredits

Hello I'm Nik on Unsplash

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